Jane Austen - Stolz und Vorurteil



Autor: Jane Austen
Titel: Stolz und Vorurteil
Seiten: 488
Verlag: dtv

Mrs. Bennet wünscht sich nichts sehnlicher, als Ihre 5 Töchter verheiratet zu sehen. Für die Älteste von ihnen, Jane, scheint dieser Traum in greifbare Nähe zu rücken. Und es handelt sich sogar um eine äußerst vorteilhafte Partie, nämlich den jungen, vermögenden Mr. Bingley. Doch so einfach wie es zunächst scheint, ist die Hochzeit nicht zu erreichen...
Außerdem werden die 5 Bennet Mädchen von einem Offziersregiment, dass in der nächsten Stadt lagert, abgelenkt. Sowie von ihrem Ärger über Mr. Bingleys hochmütigen Freund, Mr. Darcy. Die beiden ältesten Bennet Töchter, Jane und Lizzy, wissen bald nicht mehr, wie es um ihre Gefühle wirklich bestellt ist.


Stolz und Vorurteil - ja, ein Klassiker! Aber ich hatte ihn bis dahin wirklich noch nicht gelesen... alle Dinge haben ihre Zeit. Natürlich kann ich auch hier nicht die normalen Maßstäbe anlegen, die ich bei zeitgenössischen Romanen nutze.
Fangen wir einmal mit dem Schreibstil an. Klar, im 19. Jahrhundert war unsere Sprache eine ganz andere. Ähnlich wie bei Lovecrafts Geschichten, musste ich mich erst wieder an ein vergleichsweise umständliches, und gestelztes Deutsch gewöhnen. Aber ich mag das und lese es gerne. Außerdem beeindruckt es mich, wie schnell mein Gehirn sich umstellt und den Sinn der eher komplizierten Sätze erfasst. Es ist ein bisschen, wie fremdsprachige Bücher zu lesen.
Aber genug davon, nun zur Handlung. Im Grund ist Stolz und Vorurteil eine Studie über verschiedene Charaktere. Lizzy hat großes Interesse daran, Menschen zu beobachten und zu beurteilen. Daher ist "Stolz und Vorurteil" wirklich der perfekte Name für dieses Werk. Leider finde ich ihre Überlegungen von Anfang an sehr einseitig und ihre Meinung demnach radikal und - natürlich - vorurteilsbehaftet. Im Verlauf des Romans wird sie mir daher immer unsympathischer. Besonders im letzten Drittel des Buches beweist sie, dass sie im Grunde keine wirkliche Menschenkenntnis hat, sondern an Hand von Äußerlichkeiten und Gerüchten urteilt. Sie hat außerdem beängstigend wenig Gefühle. Da ist mir ihre herzensgute Schwester Jane sehr viel lieber.
Des Weiteren sind die Charaktere der Geschichte alle sehr in schwarz und weiß gezeichnet. Mr. Wickham ist dafür das perfekte Beispiel. Ein Mensch, der einen Fehler gemacht hat, muss charakterschlecht sein. Andere Charaktere, wie beispielsweise Mr. Collins oder Mr. Bennet sind der Autorin dagegen sehr gut gelungen. Ich kann sie mir bildhaft vorstellen.
Das alles mag genau dem entsprechen, was Jane Austen erreichen wollte. Nämlich gesellschaftskritisch aufzuzeigen, wie Stolz und Vorurteile die Menschen täuschen und den Blick auf alles unter der Oberfläche versperren. Dieses Ziel hat sie in der Tat erreicht. Trotzdem war ich vom letzten Drittel der Geschichte enttäuscht. Alle scheinen plötzlich reuevolle und vollendet gute Menschen zu sein. Der Großteil der Geschichte löst sich sehr schnell in Wohlgefallen auf. Die kritischen Betrachtungen vom Anfang, die mir so gut gefallen haben, verschwinden einfach. Irgendwie hätte ich das nicht erwartet und war dann doch ein wenig enttäuscht.

Stolz und Vorurteil ist ein Klassiker und ist es auf jeden Fall wert, gelesen zu werden. Die Ansichten und das Leben des 19. Jahrhundert einmal nachzuvollziehen ist eine interessante Erfahrung. Doch da ich so viel von der Geschichte gehört hatte, war ich von deren Ende doch ein bisschen enttäuscht. Der Titel ist in jedem Fall passend gewählt.

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